Kaffeewissen von A-ZDer Weg des Kaffees nach Europa
Nicht nur als Getränk gelangte Kaffee über den Ozean; auch die Kaffeepflanze trat ihren Siegeszug rund um die Welt an. An der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert gehörte Holland zu den einflussreichsten Seemächten. Bereits 1699 pflanzten die Holländer Kaffee auf ihrer Insel Java in Indonesien an. Es folgten Plantagen auf Ceylon und in Indien. Auch nach Südamerika, und zwar in ihre Besitzung Surinam (Niederländisch Guyana), brachten die Holländer den Kaffeebaum. Von dort aus verbreite er sich in die tropischen Länder der neuen Welt, in jene Gebiete also, die heute den grössten Teil der Weltproduktion an Kaffee liefern.
Der
Kaffeebaum
Robusta Liberica und Maragogype
Die immergrüne Kaffeepflanze mit ihren länglichen, lorbeerartigen Blättern von dunkelgrüner Farbe, die einander paarweise gegenüberstehen, gehört zu den Rubiaceae. Sie ist eine vornehme Verwandte des Waldmeisters und des China-Rindenbaumes. Würden die Kaffeebäume in den Plantagen nicht zurecht geschnitten, könnten sie eine Höhe von bis zu 15 Metern erreichen. Der Kaffeebaum ist - je nach Höhenlage und Klima - imstande, zu jeder Jahreszeit zu blühen. Die Hauptblütezeit erstreckt sich über mehrere Monate, doch verwelken die einzelnen Blüten bereits nach wenigen Stunden. Sie sind leuchtend weiss. Ihr Duft erinnert an Jasmin- oder Orangenblüten. In den Plantagen finden sich immer irgendwelche Zweige in Blust; am gleichen Baum hat es gleichzeitig Blüten, unreife und reife Früchte, die Kaffeekirschen. Ihre Farbe wechselt von Grün über Gelb und Hellrot bis zum Purpurrot in der Reifezeit.
Die Kaffeekirschen bergen normalerweise zwei ovale, auf einer Seite abgeflachte und mit einer Längsfurche versehene Samen: die flachen Kaffeebohnen oder "flats". Die einzelnen Bohnen sind von einem Silberhäutchen umschlossen und ruhen in der Pergaminhülle. Hin und wieder kommt es vor, dass einer der Fruchtansätze in der Kirsche verkümmert. Der noch verbleibende Fruchtansatz ergibt nur eine Kaffeebohne, welche dann genügend Platz hat, um sich rundum auszudehnen. So entsteht eine runde Kaffeebohne, die 'Perlbohne'. Heiss und feucht muss es sein. Der Kaffeebaum gehört zu den köstlichen Tropengewächsen. Er gedeiht in Ländern mit heissem Klima (Durchschnittstemperaturen von 18 bis 22 Grad) und verlangt viel Feuchtigkeit. Kaffee wird in ca. 70 Ländern angebaut. Die Hauptanbaugebiete liegen in einem Gürtel, der sich bis etwa zum 24. Breitengrad nördlich und südlich um den Äquator legt. In dieser tropischen Zone wächst der Kaffeebaum am besten zwischen 600 und 1200 Metern über Meer. Er wird aber auch in höheren und tieferen Lagen angebaut. Seiner ausgezeichneten Qualität wegen besonders geschätzt ist der Hochlandkaffee, 'Strictly High grown' genannt. Kaffee ist ein bedeutendes Welthandelsprodukt. Die jährliche Weltkaffeeproduktion liegt bei ca. 100 Mio. Sack Rohkaffe zu je 60 kg.
Wenn die Blütezeit vorbei ist, beginnt die Frucht zu reifen. Während der Entwicklung der Frucht sind die Beeren grün, werden mit fortschreitender Reife immer gelblicher, schliesslich rot und im letzten Stadium dunkelrot. Die reife Frucht hat einen Durchmesser von ungefähr 1,5 cm. Dieses Aussehen gab der reifen Frucht den Namen Kaffeekirsche. Bei einem Schnitt durch die Kaffeekirsche haben wir fünf Schichten: Fruchthülle, Fruchtfleisch, Hülse, Silberhaut und schliesslich die Kaffeebohne. In einer Kaffeekirsche findet man zwei Kaffeebohnen, paarig im Fruchtfleisch eingebettet. Hat sich im Fruchtfleisch nur eine Bohne entwickelt, spricht man von einer Perlbohne. Der Ertrag eines Kaffeebaumes schwankt zwischen 400 und 2000 Gramm Arabica- und zwischen 600 und 2200 Gramm Robusta-Kaffeebohnen. Wie gross der Arbeitsaufwand bei der Ernte ist, sieht man daran, dass für 500 g Kaffeebohnen 2,5 kg Kaffeekirschen gepflückt werden müssen. Die nasse und trockene Aufbereitung Die Aufbereitung des Kaffees hängt vielfach von den gegebenen Verhältnissen ab. Generell wird zwischen zwei Aufbereitungsmethoden unterschieden: der trockenen und der nassen Aufbereitung. Das sich daraus ergebende Produkt wird dann als gewaschener bzw. ungewaschener Kaffee bezeichnet. Beide Aufbereitungen, d.h. sowohl die gewaschene wie auch die ungewaschene, können auf die spätere Qualität des Kaffees einen grossen Einfluss haben. Der Fachmann riecht bereits an der rohen Kaffeebohne gewisse Fehler, die sich dann später beim Rösten noch akzentuieren.
Bei der trockenen Aufbereitung, die vor allem in Brasilien und Westafrika verbreitet ist, werden die Kaffeekirschen auf Trocknungsplätzen ('terreiros') ausgebreitet und während zwei bis drei Wochen unter ständigem Hin- und Herbewegen mit rechenartigen Geräten gedörrt. Um die Kaffeekirschen vor Wärmeverlust und Tau zu schützen, werden sie über Nacht angehäuft und mit Planen bedeckt. (In Trocknungshäusern dauert der Dörrprozess nur drei bis vier Tage.) Sobald das Fruchtfleisch ganz trocken ist, kann man die Kaffeebohnen im Innern der Kaffeekirschen beim Schütteln klirren hören. In Brechmaschinen, die im Kaffeeland Brasilien 'descascadores' heissen, werden die Kaffeekirschen aufgebrochen und die Bohnen vom gedörrten Fruchtfleisch, der Pergamenthülle und dem Silberhäutchen befreit. Der Rohkaffee wird nun noch im 'catador' gereinigt und im 'separador' nach Grössen aussortiert. Die Spitzenqualitäten werden zudem noch von Hand oder - in modernen Betrieben - elektronisch erlesen.
Der Röstmeister hat die Möglichkeit, seinem Produkt eine ganz individuelle Note zu geben. Wie bereits erwähnt, unterscheiden wir zwischen verschiedenen Kaffeearten. Die einzelnen Länder wiederum klassifizieren ihren Kaffee nach verschiedenen Gesichtspunkten, so dass wir sagen können, dass es Tausende von Kaffeesorten, die sich von Jahr zu Jahr ändern, gibt. Dass sich daraus die verschiedensten Kompositionen gestalten lassen, liegt wohl auf der Hand. Schlussendlich ist es aber nur mit der subjektiven Sinnenprüfung möglich, den unermesslich variablen Geschmackswert eines Kaffees zu beurteilen. Es ist also unerlässlich, dass der Röster tagtäglich Kaffee probiert, variiert und prüft.
Der Kaffee wird während dem Rösten in der Rösttrommel bei ca. 250 bis 280 Grad ständig mittels einer Drehtrommel in Bewegung gehalten. Die Bohnen verändern sich durch das Rösten chemisch vollständig. Rohkaffeebohnen haben sozusagen keinen Geschmack und strahlen nur oberflächlich gewisse Aromen aus, die sich aber beim Rösten vollständig entwickeln. Durch die Einwirkung der hohen Temperatur wird zuerst aller Fruchtzucker karamelisiert. Dadurch entsteht auch die braune Farbe des Kaffeegetränkes. Schwedische Forscher haben festgestellt, dass im Kaffee ca. 97 chemische Stoffe enthalten sind. Nur jahrelange Erfahrungen der Kaffeefachleute ermöglichen ein konkretes Urteil über feinste Nuancen, die im Endeffekt dem Grossverbraucher und dem Konsumenten zugute kommen. Kein anderes Naturprodukt ist derartigen Geschmacksvariationen unterworfen wie Kaffee. Bei A. Kuster Sirocco-Kaffee AG werden die verschiedenen Bohnen gar aufwendig nach Sorte getrennt geröstet und erst danach zu vollendeten Mischungen zusammengestellt. So kann jede Bohne entsprechend ihrer Grösse, ihres Geschmacks und ihrer sonstigen Eigenheiten optimal geröstet werden. Eine regelmässige, fachmännische Qualitätskontrolle bezüglich Geschmack, Geruch und Anmutung des Kaffees ist unerlässlich und für eine Qualitätsrösterei das A und O.
Je nach Kundenwunsch wird der Kaffee in verschiedenen Mahlgraden gemahlen, portioniert und vakuumiert. Koffein ist ein Alkaloid und dem Theobromin im Kakao und dem Tein im Tee ähnlich. Alkaloide üben eine starke Wirkung auf den menschlichen Körper aus. Mässig dosiert wirkt es auf Herz, Gehirn und Nerven anregend. Als eigentlicher Muntermacher des Kaffees gilt das Koffein. Ähnliche Substanzen kommen auch in der Kolanuss, in Tee und Kakao vor. Die Kaffeebohnen enthalten je nach Sorte 1 bis 2 Gramm Koffein pro 100 Gramm. Bei der Zubereitung geht die Substanz zu mehr als 90 Prozent in den Aufguss über. In einem 'üblichen' Kaffee verbleiben somit noch rund 80 Milligramm Koffein. Experimente an der ETH Zürich belegen, dass die Koffeinmenge eines Espressos eine geistige Leistungssteigerung von fünf bis zehn Prozent auslöst. Kaffee wirkt positiv auf das Zentralnervensystem ein. Er stimuliert die Hirnrinde, hebt depressive Stimmungslagen, steigert das Konzentrationsvermögen und bringt die müde Seele in Schwung. Zudem fördert er die Magensekretion und erleichtert so die Verdauung. Mit rund einem halben Liter oder vier bis fünf Tassen pro Kopf und Tag ist Kaffee des Schweizers liebstes Getränk. Dichter und Denker, Politiker und Philosophen haben dem belebenden und aromatischen Trunk gut und gerne zugesprochen. Balzac stimulierte sich während seiner Arbeit an der "Comédie humaine" ebenso mit Kaffee wie der grosse Philosoph Emmanuel Kant bei der Vollendung seines Werkes "Kritik der praktischen Vernunft". Johann Sebastian Bach hat auf den Zaubertrunk anno 1732 ein Hohelied komponiert und dessen euphorische Note "lieblicher als tausend Küsse, milder als Muskatenwein" besungen. Als Muntermacher lockert Kaffee den Büroalltag auf, sorgt bei einer Sitzung für einen willkommenen Unterbruch und gehört neben Milch zum traditionellen Frühstück. Dem war übrigens nicht immer so. Noch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts bestand in Europa das landläufige Morgenessen aus Mehlsuppe und warmem Bier. Der französische Politiker Mirabeau bemerkte zu dieser Revolution bei Tisch: 'Tee und Kaffee haben dem Laster der Trunkenheit stärkere Grenzen gesetzt, als es die Prediger der Moralisten, die Wissenschafter und die Aufklärung vermochten.' 'Heiss wie die Hölle, schwarz wie der Teufel , rein wie ein Engel und süss wie die Liebe' - so muss der Kaffee sein. Der Kaffeefreund, der diese Forderung aufstellte, war Charles Maurice Talleyrand. Ob Kaffee schädlich oder der Gesundheit förderlich ist, wurde von Anfang an heftig diskutiert. Gelehrte Köpfe behaupteten u.a., Kaffee wirke sich günstig aus bei Kopfschmerzen, Schwindel, Nervenkrankheiten, Störungen des Verdauungsstrakts, Steinleiden, Rheuma, Gicht usw. Lange, ja bis in die heutige Zeit, hat sich der Glaube erhalten, dass Kaffee Betrunkene wieder nüchtern mache, was pharmakologisch längst widerlegt ist. Allerdings wurde dem Kaffee von ärztlicher Seite auch vorgeworfen er mache impotent, führe in zu grossen Mengen genossen zu Schlaflosigkeit und Angstgefühlen, sei schädlich bei Blutungen, Melancholie usw. Die Angst vor dem Kaffee bewog sogar Staatsmänner zu Massnahmen: Der dänische Anatom und Botaniker Simon Paulli (1603-1680) war mit etlichen anderen Ärzten einig, dass Kaffee impotent mache. Also besteuerte Friedrich der Grosse den Kaffee sehr hoch und erklärte ihn zum Staatsmonopol. Schliesslich sollten in seinem Staat aufgrund von Kaffeegenuss nicht weniger Soldaten geboren werden. König Gustav III von Schweden verbot sogar vorübergehend das teuflische Getränk. Dieser König liess einem zum Tode Verurteilten täglich eine grosse Portion Kaffee verarbreichen. Ein Professor musste das Experiment überwachen, um festzustellen, wie schnell das "Gift" wirkt. Es vergingen, Tage, Wochen, Monate, Jahre. Der Professor starb, der König wurde an einem Maskenball ermordet, und der Verbrecher trank weiterhin Kaffee. Kaffee hat einen starken Einfluss auf das Zentralnervensystem. Kaffeegenuss führt zur Verbesserung bestimmter geistiger Funktionen, zu erleichtertem Gedankenlauf, zu vermehrten Assoziationen, verbessertem Auswendiglernen, Rechnen usw. Auf die Stimmung wirkt der Kaffee meist positiv, d.h. leicht euphorisierend. Bekanntlich vertreibt Kaffee Erschöpfung und Müdigkeit und kann das Einschlafen stören und verzögern. Es gibt aber auch Leute, die spät abends Kaffee trinken, um besser schlafen zu können. Dies lässt sich folgendermassen erklären: Einerseits werden durch das Koffein Kreislaufstörungen oder depressive Stimmungslagen vermindert, andererseits kommt es nach Kaffeegenuss vor der Anregungsphase zu einer kurzen Ermüdungsphase. Ist diese sehr ausgeprägt, so erleichtert das Koffein unter Umständen das Einschlafen. Die Annahme, dass Kaffee kurzfristig stimulierend auf die körperliche und sportliche Leistungsfähigkeit wirkt und nachher Erschöpfungszustände hervorruft, ist unzutreffend. |